Automatisch nimmt RoterBaron den Schlüssel an sich. Er blickt hoch und will den Wirt fragen, was das alles soll, aber dieser hat sich wieder seinen anderen Gästen zugewandt und beachtet ihn nicht weiter.
Er blickt hinter sich in die gedeutete Richtung. Dort soll eine Türe sein? Lediglich eine dunkle Nische ist dort erkennbar. Schon oft hat er sich in der Taverne aufgehalten. Aber nie ist ihm in den Sinn gekommen dort ein weiteres Zimmer zu vermuten.
Er geht mit kurzen Schritten in die Richtung und verschwindet in der Dunkelheit. Ein Blick zurück über die Schulter, niemand scheint ihn beachtet zu haben. Tatsächlich, in der Wand zeichnet sich eine sehr gut eingearbeitete Türe ab, erst wenige Schritte vorher erkennbar. Der Schlüssel passt in das Schloss und der Hebel lässt sich leicht herunterdrücken. Ohne Geräusche setzt sich das Türblatt in Bewegung und lässt nach Öffnung den Blick auf einen mit Fackeln erhellten Gang frei. RoterBaron betritt diesen und schließt die Türe so lautlos, wie er sie öffnen konnte. Diese Tür wird oft benutzt und gut in Schuss gehalten.
Langsam geht er durch den Gang. Wieder gehen seine Gedanken zurück zum Wirt. Hat dieser ihn verwechselt? Nur so kann es sein. Natürlich; er ist mit Sicherheit auf dem Weg zu einem Stelldichein mit einer der edlen Damen Mercaturias. Auch hier gibt es hinreißende junge Witwen und Schönheiten die den Freuden des Lebens nicht entsagen möchten. Nur so lässt sich der Schlüssel, die Geheimnistuerei und das Passwort - was soll er mit einem Passwort? - erklären. Nun, er ist noch nie einem Gefecht aus dem Wege gegangen, gleich welcher Art, und auch hier wird er sein Bestes geben.
Nach einem kurzen Stück zeichnet sich eine zweite, einfache Türe am Ende des Ganges ab. Frohen Mutes schreitet er auf diese zu.
“Wer bistn Du?” eine Stimme aus einer dunklen Ecke schreckt ihn auf. Ein großer, in Rüstung gekleideter Kerl tritt ihm in den Weg und lehnt sich auf seine Zweihänderaxt. “Geh mir aus dem Weg. Deine Herrin erwartet mich” sagt RoterBaron unwirsch. Er hat gelernt einer unvorhergesehenen und bedrohlichen Situation mit einer sicheren Stimme und einem energischen Auftritt gegenüberzutreten. Schon wägt er ab, was der Hüne als nächstes tun wird. “Watt is? Wo willste hin?” - Ach ja, das Passwort - jetzt weiß er wofür. “Gurken aus der Dose - und jetzt geh zur Seite. Deine Herrin wird sonst sicher unwirsch, und wir wollen sie doch nicht warten lassen.” Ein grobes Gelächter entrinnt dem Mund des Gegenübers, “Ach so, na dann ma los, geh ruhisch und viel glück bei meeener Herrin” prustet der Kerl heraus. Tränen kullern ihm über das feiste Gesicht.
Spinnt der? Was soll das denn? RoterBaron öffnet die Türe und rechnet mit einem süßlichen, nach Rosenöl duftenden Geruch.
Beißender Qualm steigt ihm in die Nase. Unmittelbar in Türnähe befindet sich ein Feuer dessen Rauch ihm in die intensiv lufteinziehende Nase steigt. Der Raum ist mit diesen Feuern erhellt. Im Zentrum befindet sich ein Rund, auf das der gesamte Raum gerichtet zu sein scheint. Rechts von ihm steht ein Tisch auf dem etliche Utensilien eines Heilers erkennbar sind. Um das Rund stehen mehrere Männer in Gruppen und reden halblaut miteinander. Er weiß zwar nicht was hier los ist, aber es ist klar das er sich gerade zum Volltrottel gemacht hat.
Er blickt zurück zu dem Wächter und sieht diesen schon mit einem zweiten Mann reden. Beide sehen in seine Richtung und können sich vor Lachen kaum halten. Sehr schön, so muss ein Treffen mit Unbekannten beginnen - lässt einem wirklich alle Möglichkeiten offen.
Der zweite Mann kommt auf ihn zu und hat noch vereinzelte Tränen in den Augenwinkeln die lustig im Feuerschein blinken. “Ich habe gehört das Du neu zu uns gekommen bist”, nur schwerlich kann er eine weitere Lachsalve unterdrücken. “Schon gut, ich weiß wann ich verloren habe. Mal gewinnt man und mal ist man der Grund der Freude Anderer. RoterBaron ist mein Name und Du bist” - “Gerard, ich leite diese Veranstaltungen - womit kann ich Dir denn helfen oder hat es sich schon erledigt?” wieder ein leichter Lachanfall aber nicht unfreundlich. Er schlägt mit seiner großen schwarzen Hand auf die Schulter von RoterBaron und wartet bis er wieder zur Luft gekommen ist. “Verzeih mir, aber das ist wirklich zu gut. Dir ist klar, das das die Runde machen wird?”
“Schon gut, aber was geht hier eigentlich vor?” Jetzt scheint Gerard wirklich verdutzt zu sein. “Der Wirt hat Dich zu uns runtergelassen und Du hast wirklich keine Ahnung worum es hier geht?” - “Ich habe vor geraumer Zeit darum gebeten Ausschau nach einem Trainingspartner für den Nahkampf für mich zu halten. Hat es vielleicht etwas damit zu tun?” - “Trainingspartner? - Nun ja, in gewissem Sinne schon. Hast Du schon mal etwas von der Eisenplatte gehört?”
Die Eisenplatte - natürlich hat er davon gehört. Gerüchte, nicht mehr. Einer gegen einen. Klare Regeln - faire Kämpfe. Hier soll er seine Nahkampffähigkeiten trainieren? Das ist nicht ganz das was er unter Training versteht.
“Hör mal, keiner sagt was wenn Du wieder gehst. Wir verlangen nur Dein Wort das Du hierüber nichts verlauten läßt, und Du scheinst mir ein Ehrenmann zu sein der zu seinem Wort steht. So wie Du aussiehst scheinst Du noch nicht viel Erfahrung im Nahkampf zu haben. Nichts für ungut, aber bist Du sicher das Du hier richtig bist?”
Jetzt mal langsam, was soll diese väterliche Verhalten? Er ist ein Wahrer der Tugend und hat in vielen Kämpfen seine Fähigkeiten schon unter Beweis gestellt. Sicher ist der Nahkampf seine Schwäche, aber genau darum geht es ja. Niemand behandelt ihn so herablassend. RoterBaron fühlt Zorn in sich aufsteigen. So redet man nicht mit ihm. “Also ...............................
“Lass mal Gerard” fällt ihm eine hinreißend aussehende Elfe in das Wort “ich glaube Du unterschätzt ihn sehr. Wer wagt sich schon in ein Abenteuer ohne zu wissen wohin er geht” lächelt sie verschmitzt in seine Richtung. Toll, sie weiß es also auch schon - wie wahrscheinlich alle hier. “Ich werde meine Augen besonders auf ihn halten und für seine Gesundheit sorgen”.
“Holde Lady, ich bin überaus beglückt Eure wie Sterne funkelnden Augen auf mir zu wissen” erwidert RoterBaron und ergreift die zarte Hand der Elfe um einen angedeuteten Kuss auf diese zu geben. Die Elfe läßt es verdutzt geschehen und errötet leicht. “Bitte nennt mir Euren Namen damit ich Euch gebührend ansprechen kann”. “Yuveela werde ich genannt und stelle meine Dienste als Heilerin zur Verfügung”. “Dank Euch Yuveela. Meine Gesundheit werde ich gerne in Eure Hände legen. Eine Edelfrau erwartete ich hier zu sehen und eine Edelfrau sehe ich.” Er beugt ein Knie und läßt die Hand Yuveelas wieder frei. Diese geht ohne ein weiteres Wort in Richtung des Tisches mit den Utensilien.
Während dieser kurzen Zeit scheint kein Laut im Raum zu sein. Alle Augen sind auf diese außergewöhnliche Szene gerichtet. Gut, dann scheint sich die Situation ja jetzt zu beruhigen.
“Alle Achtung RoterBaron, nicht einer aller Recken die ich hier begrüßen durfte hat es geschafft Yuveela so zu beeindrucken. Wenn Du mit Deinen Schwertern nur halb so gut bist wie mit Deiner Zunge dann sage ich Dir eine große Zukunft voraus. Geh zu Gromox” (er deutet auf einen dicken Zwerg) ”rüber und lass dich in die Listen eintragen wenn Du magst. Ein guter Rat noch von mir. Besorg Dir eine vernünftige Rüstung, Mit den Stoffsachen wirst Du hier nicht lange durchhalten und hol Dir direkt ein paar richtige Schwerter. Die Zahnstocher dürften auf die Dauer auch nicht reichen.”
“Glaube mir Gerard, nicht ein Wort das ich sagte sollte jemanden beeindrucken. Selten sah ich solch holde Weiblichkeit. Gerne werde ich mich Eurer Gesellschaft anschließen. Um meine Rüstung und meine Waffen macht Euch keine Sorgen. In Mercaturia haben wir alles was ich brauche.” Er gibt Gerard die Hand und geht in Richtung Gromox.
Dieser erläutert ihm in kaum verständlichen Sätzen die Regeln der Eisenplatte und trägt RoterBaron in die Listen ein.
Jetzt kann es los gehen.